Timyian - Die Flüchtlings-Chroniken IV

Ein Schafshirte auf dem Schachbrett der großen Politik

Mit Band 4 seiner Flüchtlingschroniken ist es Michael Knabe erneut gelungen, mich in das Inselrund zu entführen. Eine ferne Welt mit Ländern, die vielfältiger nicht sein könnten und deren Bewohner in manchen Belangen sich doch ähneln.
Der Schafshirte Timyian entführt auf die Schafsweiden unweit der Stadt Darin. Das Dorffest ist die festlichste Gelegenheit, der er bisher beigewohnt hat und er wird verspottet für seine Träumereien, seine Flöterei und Zahlenspielereien. Seine größte Angst ist die schlechte Laune des Großbauern, die Sticheleien seines großen Bruders und die wilden Hunde, vor denen er die Schafe mit seinem Stab schützen soll. Dass er einmal der großen Stadt Darin die Korruption austreiben und Sklavenhändlern das Handwerk legen würde, davon wagt nicht einmal er zu träumen.
Shevon al Yontar dagegen kann sich Timyian zumindest als Assistenz seiner Buchführung vorstellen, denn mit Zahlen kann Timyian sehr gut umgehen. Doch dieses Mal folgen nicht alle Spielfiguren dem meisterhaften Cal-Shon-Spieler, wie er es voraussieht.

Es ist wunderbar zu beobachten, wie Timyian in der Geschichte an den Ereignissen wächst - obwohl man sich die Fingernägel zerkaut, bei den vielen Gelegenheiten, die geschehen, die das Potenzial haben, den jungen Hirten zu zerbrechen.
Neben Timyian und Shevon al Yontar tauchen weitere Figuren auf, die man aus vergangenen Büchern kennt. Jeder bringt sein eigenes Wesen, sein Können und seine Ziele mit ein, was eine spannende Gruppendynamik mit sich bringt, die bei jeder neuen Situation ihre vielen Facetten ausspielt. Besonders gern lese ich die Bücher auch jedes Mal, wegen der sozialen und ethischen Konflikte, in denen sich die Charaktere immer wiederfinden, auch da wurde ich wieder nicht enttäuscht.
Gefahren gibt es einige zu bestehen, doch was ich an den Flüchtlingschroniken so schätze, ist die Vielfältigkeit an Lösungsmöglichkeiten. Nicht jede Hürde wird mit der Schneide eines Schwerts oder einer Axt beseitigt, Shevon und seine Komplizen haben ein ganzes Füllhorn an Intrigen und List zur Verfügung - und wissen auch die Wahrheit gezielter für sich einzusetzen, als manch ein Attentäter seinen Dolch. Dass jede der Figuren auch ihre Fehler hat und mal Irrtümern erliegt oder zu hoch pokert, gepaart mit dem dichten, undurchsichtigen und detailierten Netz aus Akteuren der Politik von Darin und darüber hinaus, macht die Spannung perfekt.

Absolute Leseempfehlung.